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Thronfolger überschreiten alle Grenzen der Mäßigung und trei-
den mit dem Vermögen und dem Leben der edelsten Bürger ein
grausames Spiel. Es entsteht eine zügellose Soldatenherrschaft,
und die Prätorianer verfügen selbst über den Thron. Erst Vespa-
sian stellt die Ordnung wieder her, die auch von seinen Nachfol-
gern, den einzigen Domitian ausgenommen, bis zum Jahre 180
aufrecht erhalten wird; und das Reich blühet wieder auf.
Zweiter Abschnitt: Vom Tode des Kaisers Marc Aurel
bis zur Alleinherrschaft des Kaisers Conslantin, 324. — Commodus
zerstört die Früchte der Negierung seiner weisen Vorgänger,
und das Verderben reißt furchtbar um sich. Die Prätorianer
setzen nach Willkür Kaiser ein und ab und tobten die wenigen
Bessern, welche den Versuch wagen, die verfallene Mannszucht
wiederherzustellen. Kaiser stehen gegen Kaiser auf, und das
Reich sinkt immer tiefer.
Dritter Abschnitt: Vom Kaiser Consiantin bis zum Un-
tergänge des abendländischen Ucichcs 476 nach Chr. — Eonstantin
verlegt den Sitz der Regierung nach Eonstantinopel und ordnet
und beruhiget das Reich. Allein unter seinen Nachfolgern sinkt
es wieder; und als die Ströme der Völkerwanderung die Gren-
zen durchbrechen, kann es sich nur durch Miethstruppen noch
eine Zeitlang schützen. Durch die gänzliche Trennung der orienta-
lischen und occidentalischen Hälfte, welche nach dem Tode des
Theodosius erfolgt, wird die letztere immer mehr den Einfällen
der fremden einbrechenden Völker bloßgestellt. Eine Provinz nach
der andern geht verloren. Endlich, durch Lasterhaftigkeit völlig
geschwächt und der Wiedergeburt unfähig, fällt Rom im Kampfe
hier mit der verjüngenden Religion des Menschengeschlechts, d e m
Ehristenthum, dort mit dem überschwellenden Strome der
naturkräftigen Germanen, im Jahre 476 nach Ehr.')
') Dr. C. Peter, Zeittafeln der rom. Geschichte. Halle 1841.
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228
die Bundesgenossen einen hochverräterischen Eingriff in die seit
Jahrhunderten ausgeübte Hoheit; die Bundesgenossen endlich, von
Drusus und seiner Partei öffentlich und heimlich unterstützt, for-
derten immer lauter und dringender das römische Bürgerrecht.
Und als dieses noch immer verweigert wurde, trafen die Bun-
desgenossen bereits Voranstalten zu einer völligen Trennung von
Rom und zur Stiftung eines eigenen Bundesstaates. Es herrschte
ein unheimliches, die Republik und Italien in gegenseitigem
Mißtrauen erhaltendes Wesen, als plötzlich Livius Drusus im
eigenen Hause unter dem Dolche eines Mörders fiel. Run wur-
den alle Verordnungen des unglücklichen Tribunen sofort aufge-
hoben, alle Freunde und Gönner der Bundesgenossen aus Rom
vertrieben, ja sogar eine besondere Verordnung (lox Varia) er-
lassen, welche gegen öffentliche und geheime Anhänger der Bun-
dvsgenossensache richterlich einzuschreiten gebot. Da kam das Un-
gewitter, welches schon lange drohend am italischen Himmel stand,
zum verheerenden Ausbruch.
§. 55. Dcr Klarst sch c oder Dundcsgcnostcnkricg. (90—88.).
Wie auf einen Schlag fielen nun die um ihre gerechten
Wünsche und Hoffnungen betrogenen Völker Italiens von der
römischen Republik ab, um eine eigene, selbständige zu bilden.
Es erhoben sich die Marser, Picentiner, Peligner, Marruciner,
Vestiner, Hirpiner, Frentaner, Venufier, Jappger, Lucaner und
Samniter; und nur die Latiner, Etrusker und Umbrer blieben
Rom treu. Corfinium, eine feste Stadt im Lande der Peligner,
wurde zum Mittelpunkte der italischen Bundesrepublik ausersehn
und deshalb Jtalica genannt. Hier war der Hauptwaffenplatz,
hier der Sitz des Senats, der als höchster Bundesrath aus fünf-
hundert Abgeordneten sämmtlicher Völker bestand und mit unbe-
schränkter Vollmacht regierte Dieser ernannte zwei Consuln,
welche den Oberbefehl führten über die beiden Kriegsbezirke, in
welche man Italien getheilt hatte. Im nordwestlichen Bezirke
befehligte der Consul Pompädius Silo, ein Marser; im südöst-
lichen der Consul Aponius Motulus, ein Samniter. Die Auf-
gebote der einzelnen Landschaften standen unter zwölf, ebenfalls
vom Bundestage ernannten Prätoren, so daß in jedem Krieges-
bezirke ein Consul mit sechs Prätoren befehligte.
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Extrahierte Personennamen: Drusus Livius_Drusus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Italien Rom Italiens Jappger Rom Bundesrepublik Italien
314
schlachtet; andere, denen das Leben geschenkt wurde, mußten jetzt
die niedrigsten Dienste verrichten. Mancher, der in Rom in
vollem Glanze gelebt und die ansehnlichsten Ämter verwaltet
hatte, ging jetzt als Hirt hinter den deutschen Heerden her.
Das härteste Loos aber traf die gefangenen Sachwalter. Einem
von diesen rissen sie in Wuth sogar die Zunge aus, unter dem
Zurufe: „Nun höre auf, zu zischen, Natter!"
Die Nachricht von dieser großen Niederlage verbreitete zu
Rom Furcht und Schrecken. Laut klagte der alte Kaiser in sei-
nem Palaste und rief ein Mal über das andere: „Varus, Va-
rus, gieb mir meine Legionen wieder!" Er gelobte seinem Ju-
piter große Feste, wenn er das Reich rette; denn allgemein
fürchtete man den Einbruch der deutschen Völker, wie in den
Zeiten der Cimbern und Teutonen. Schnell wurde ein neues
Heer ausgerüstet und unter dem Tiberius nach dem Rhein
geschickt. Zu seiner Verwunderung fand er aber hier Alles in
Ruhe; nur die Freiheit des Landes hatten die Deutschen ver-
theidigen wollen; und als dieses gelungen, waren sie wieder
heimgekehrt. Tiberius ging zwar über den Rhein und verwü-
stete die nächsten Gauen, kehrte aber eiligst zurück, als er von
dem Anzüge eines deutschen Heeres hörtet)
§. 74. Des Augustus Familie und Tod.
So glücklich Augustus während seiner langen Regierung
bis auf die Kriege mit den Deutschen war, so unglücklich war
er als Gatte und Vater. Seine dritte Gemahlin, die herrsch-
süchtige Li via, die er ihrem ersten Gatten, dem Tiberius Nero,
entführte, brachte nichts als Unheil in sein Haus, und mit Recht
kann man behaupten, daß der ruhmgekrönte Kaiser als Familien-
vater der unglücklichste Mann war, dem keine der Segnungen
zu Theil ward, die er durch seine Gesetze-über das Familien-
leben zu verbreiten suchte. Er hatte aus seiner ersten Ehe eine
Tochter Julia, die nacheinander mit dem Marcus Marcellus,
seiner Schwester Sohn, dann mit Agrippa, zuletzt mit seinem
2j Tiberius ließ seinem Bruder Drusuö aus dem Eichelsteine zu
Mainz (dessen Gründung dem Drusus zugeschrieben wird und wo er eine
Brücke bauen ließ) ein Denkmal setzen, das erst am Ende des siebenzehn-
ten Jahrhunderts von den Franzosen zerstört ward.
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Extrahierte Personennamen: Tiberius Tiberius Augustus Augustus Tiberius Julia Marcus_Marcellus Agrippa Tiberius Tiberius
350
Dritter Abschnitt.
Von Constantin's Alleinherrschaft bis zum Untergange des
abendländischen Reiches 476.
§. 81. Constantin -er Große, Alleinherrscher. 324—337. ')
Constantin, der sich schon seit seinem Regierungsantritte
den Christen geneigt bewiesen hatte, erhob jetzt die christliche
Religion zur Staatsreligion, verschob aber seine Taufe bis an's
Ende seines Lebens. Er ließ sich und die Seinigen in der christ-
lichen Religion unterrichten, begünstigte und besoldete ihre Lehrer,
beförderte Christen zu den höchsten Staatsämtern, hielt viele
bei sich am Hofe und pflog den vertrautesten Umgang mit ihnen.
Kirchen wurden gebauet und auf das prachtvollste ausgeschmückt,
ihre Feste mit der größten Feierlichkeit begangen. Heiligenbilder
und Kreuze traten an die Stelle der alten heidnischen Götzen-
bilder. Von der Ehrfurcht für das Kreuz beseelt, an welchem
das Werk der Erlösung vollbracht war, schaffte Constantin die
Kreuzesstrafe ab; und von dieser Zeit an hat sich diese Art
Todesstrafe in keinem Gesetzbucke einer christlichen Nation mehr
vorgefunden. Wie glücklich mußten sich jetzt die Christen fühlen,
die nach so vielen blutigen Verfolgungen in Constantin einen wohl-
wollenden Gönner urld Bruder gewonnen hatten! Wohl mogte Con-
stantin, als er sich zuerst der Christen annahm, mit in Anschlag ge-
bracht haben, eine wie mächtige Partei er aus ihnen für sich bilden
könne; denn damals hatte er noch schwere Kämpfe gegen seine Mit-
herrscher zu bestehen: mit Hülfe der Christen besiegte er sie alle. Unter
ihm wurde auch im Jahre 325 die erste allgemeine Kirchenver-
sammlung zu Nicäa in Bithpnien gehalten, auf welcher bereits
dreihundertachtzehn Bischöfe erschienen. Hier wurde die Lehre
des alerandrinischen Presbyters Arius, daß der Sohn Gottes
ein dem Vater untergeordnetes Wesen sei als ketzerisch ver-
worfen, und gleiche Wesenheit feierlich als Dogma ausgesprochen.* 2 3)
0 I. C. F. Manso, Leben Constantin's d. Gr. Breslau, 1817.
2) Arius inexplicabilem et indevulsam Patris et Filii divinitatis uni-
tatem dividere non formidavit. Chronicon pachale. I. 525.
3) Man legte diesem Ausspruche das Symbolum Apostolorum zu
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Extrahierte Personennamen: Constantin Constantin Constantin Constantin Constantin Arius C._F._Manso Arius
354
ein bestimmtes Kronengeld (aurum coronariuni) nmgewandelt
wurden.
Auch in seinen auswärtigen Unternehmungen war Constan-
tin glücklich. Siegreich trieb er die in Mosten eingedrungenen
Gothen zurück und verfolgte sie bis tief in ihr Land; einen
Theil derselben verpflanzte er nach Mosten, wo sie allmälig dem
Christenthume gewonnen wurden. Auch trat er als Beschützer
der von den Gothen bedrängten Sarmaten auf und versetzte von
diesen 300,000 Mann in das römische Donaugebiet. Im Be-
griffe, gegen die Perser zu ziehen, wurde er plötzlich von einer
schweren Krankheit ergriffen. Auf dem Todesbette wurde er
durch den Bischof Eusebius mittelst der Taufe unter die Christ--
gläubigen ausgenommen und starb gerade am Pflngstfeste des
Jahres 337 zu Nicomedien. Sein Körper wurde nach Con-
stantinopel abgeführt und mit ungewöhnlichem Gepränge in der
von ihm gestifteten Apostelkirche beerdigt; sein Geist aber von
den Christen unter die Heiligen, von den Heiden unter die Göt-
ter versetzt.
§. 82. pie Nachfolger Constantin's -cs Großen bis zur bleibenden
Theilung des Ncichcs. 337—395.
Nach Constantin's Tode theilten sich seine drei Söhne,
Constantin Ii., Constans und Constantius, die sich in ihren La-
stern eben so ähnlich wie in ihren Namen waren, in das große
Reich. Nach der Bestimmung des Vaters erhielt Constan-
tin Ii. die Präfectur Gallien, Constans Italien und Jllyri-
cum, Constantius den Orient. Die Neffen des Kaisers,
welche dieser zu Cäsaren ernannt harte, wurden von den Trup-
pen auf Anstiften des Constantius ermordet. Überhaupt wüthete
der letzte so gegen die kaiserliche Familie, daß nur sein Vetter,
der junge Julian, übrig blieb. Die beiden andern Brüder ent-
zweiten sich. Der ländersüchtige Constantin, der auch Afrika
verlangte und deshalb seinen Bruder Constans bekriegte, verlor
in der Schlacht bei Aquileja sein Leben (340), und Constans
wurde nun Herr des ganzen Oeeidents. Unfähig, zu regieren,
und durch sein wüstes Leben allgemein verhaßt, wurde er bei
der Empörung seines Feldherrn Magnentius auf der Flucht
nach Spanien ermordet (350), und Magnentius bemächtigte sich
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Extrahierte Personennamen: Eusebius Constantin Constantius Constantius Julian Constantin
Extrahierte Ortsnamen: Gallien Constans_Italien Orient Afrika Aquileja Spanien
340
maßte Macht des Senats, erschlugen dieselben; und nun wurde
der dreizehnjährige, beim Volke und beim Heere'beliebte
M. Antonius Gordianus Iii. (238—244), ein Enkel
des in Afrika gefallenen Imperators, zum Kaiser ausgerufen.
Unter der Leitung seines vortrefflichen Schwiegervaters Mifi-
theus, des Oberbefehlshabers der Garde, regierte der junge Kai-
ser einige Jahre nicht ohne Ruhm. Mit Glück führte er den
persischen Krieg. Als aber Misitheus auf einem Zuge gegen die
Perser umkam, erlangte Philippus Arabs die Oberbefehlshaber^
stelle über die Garde, ließ den Kaiser ermorden und bemächtigte
sich des Thrones.
Jul. Philippus (244—249) war ans der arabischen
Stadt Bosträ und führte deshalb den Zunamen Araber (^rads).
Mit den Persern schloß er Frieden und zog nach Rom, wo er
im Jahre 248 das tausendjährige Bestehen der Stadt mit groß-
ßer Pracht feierte. Als Ausländer und Christenfreund 2) war
er den Römern und auch den meisten Provinzialen verhaßt. In
mehren Provinzen brach eine Empörung aus. Am gefährlichsten
für ihn wurde ein Aufstand der Legionen in Möfien, die einen
gewissen Marinus zum Gegenkaiser ausgerufen hatte. Zwar
wurde dieser kurz nachher wieder erschlagen; jedoch hielt der
Kaiser es für gut, zur völligen Wiederherstellung der Ruhe den
Senator Decius dahin zu schicken. Aber bei seiner Ankunft
wurde er von den Soldaten gezwungen, selbst den Purpur an-
zunehmen und sie nach Italien zu führen. Philipp, der ihm
entgegenzog, wurde bei Verona geschlagen und getödtet.
Trajanus Decius (249—251). Wie sein Vorgänger ein
Christenfreund, so war er der heftigste Chriftenfeind. Denn das
Christenthum schien ihm den Verfall der altrömischen Religion
und der so eng damit verknüpften Verfassung und hiemit der
Römerherrschaft selbst herbeigeführt zu haben. Um deshalb dem
sinkenden Staate roieder aufzuhelfen, wollte er ihn zu seinen
alten Einrichtungen zurückführen, durch welche Rom zu einer
solchen Größe emporgestiegen war; er wollte die Sitten verbes-
sern und den vernachläßigten Dienst der Götter wiederherstellen.
0 Nach Orosiu s (Vii. 20) war er der erste christliche Kaiser. „Hic
primus imperatorum omniurn Christianus fuit ac post tertium imperii
ejus annnm milesimus a conditione Romae annus impletus est.“
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Extrahierte Personennamen: Antonius_Gordianus Antonius Philippus_Arabs Philippus Philipp Philipp Trajanus_Decius Christianus
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Bosträ Rom Italien Verona
41
264 — 133 v. Chr. — Diese ist die glorreiche Zeit der großartig-
sten Eroberungen der Römer. Nach der Unterwerfung Italiens
lenken diese ihre Blicke auf Sicilien, dessen westliche Hälfte im
Besitze der Karthager ist. Dadurch kommen die Römer mit die-
ser großen afrikanischen Handelsrepublik in feindliche Berührung,
die drei schwere Kriege veranlaßt, deren letzter mit der völligen
Zerstörung Karthago's endigt. Auch Sicilien, Sardinien, Eor-
sika und Spanien werden unterdeß unterworfen. Nachdem Kar-
thago überwältigt ist, so folgt von selbst der Kampf mit den zwei
mächtigsten der aus Alerander's Weltherrschaft hervorgegaugenen
Reiche, mit Macedonien und Syrien. Durch den Sieg über
diese Reiche erhebt sich Rom zur ersten Macht der damaligen
Welt. Statt aber diesen Sieg, sogleich bis zur völligen Unter-
jochung dieser Reiche fortzusetzen, läßt der römische Senat sie
einstweilen bestehen, um sie erst durch seine schlaue, mit bewun-
dernswürdiger Besonnenheit und Ausdauer fortgeführte Politik
zu schwächen und aufzureiben, bis der Augenblick der Besitzer-
greifung sich von selbst darbietet. So wird erst gegen das Ende
dieses Zeitabschnittes Karthago, Afrika und ein Theil des syrischen
Reiches zur Provinz gemacht. Auch Griechenland wird auf diese
Weise nach und nach ganz unterworfen. Die Tapferkeit und die
Ausdauer der Römer ist noch dieselbe wie früher; dagegen machen
die Reichthümer, die aus den eroberten Provinzen nach Rom
fließen, der alten Sittencinfalt ein Ende und legen zugleich, in-
dem sie nothwendiger Weise einen großen Unterschied des Besitzes
herbeiführen, den ersten Grund zu den nachmaligen Bürgerkriegen.
Der Literatur und der Kunst sind diese Reichthümer und die vie-
len nach Rom herübergeführten Kunstschätze, so wie die mannig-
faltigen Berührungen mit den Griechen sehr günstig.
Dritter Abschnitt: Die Republik in ihrem Verfalle und
ihrer Auflösung, oder von den Gracchifchcn Unruhen bis zur Al-
leinherrschaft des (Octavian. 1^3—30 v. Chr. — Diese ist die Zeit
der Bürgerkriege, wo die weltbeherrschende Roma, vom Blute
der Nationen trunken, in ihre Eingeweide zu wühlen anfängt.
Der Widerstand der in dem Besitze der Ehrenstellen und Reich-
thümer sich befindenden Partei der Optimaten oder Vornehmen
gegen die zu Gunsten des gedrückten und verarmten Volkes ge-
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Extrahierte Personennamen: Octavian
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Sicilien Sicilien Sardinien Spanien Macedonien Syrien Karthago Afrika Griechenland Rom Rom
201
macht worden waren, nicht aber auf diejenigen, welche von An-
fang an selbständige Bundesstädte geblieben, oder nach ihrer Un-
terwerfung wieder für frei erklärt worden waren, oder besondere
Privilegien, wie Freiheit von Abgaben und sonstigen Lasten, er-
halten hatten. Auch die in den Provinzen sich nach und nach an-
siedelnden römischen und latinischen Kolonien waren von diesem
Imperium erimirt.
Was die Verpflichtungen der Provinzen betrifft, so
waren die Abgaben in denselben sehr verschieden. Gewöhnlich
bestanden sie in einer Kopf- und Grundsteuer. Es bestand
letztere, wie z. B. in Spanien und in Afrika, oft in einer für
immer bestimmten und nicht nach dem jährlichen Ertrage des
Bodens berechneten Geldsumme (stipendium); weshalb solche
Provinzen stipendiariae hießen. Häufiger aber bestand die Grund-
steuer in der Entrichtung des Zehnten von den Früchten, welcher
jedoch vom Staate nicht unmittelbar erhoben, sondern verpachtet
wurden. Pächter (publicani) waren in der Regel die reichen
Ritter, die sich zu dieser gewinnreichen Erwerbsquelle oft in
ganzen Gesellschaften vereinten und wieder ihre Unterpächter, die
verhaßten Zöllner, anstellten. Zu jenen festgesetzten Abgaben
kamen noch Zölle in Häfen und Grenzstädten, Pachtgelder von
Berg- und Salzwerken, von Viehweiden; außerdem außerordent-
liche Getreidelieferungen zum Bedarf der Statthalter. Truppen
aber, wie die italischen Bundesgenossen, stellten die Provinzen in
der Regel nicht: die Besatzung wurde von Rom aus dahin ge-
sandt. Nur in außerordentlichen Fällen, z. B. wenn im Lande
selbst, oder an dessen Grenzen Krieg geführt wurde, wurden sie
zur Hülfsleistung herangezogen.
Unter der römischen Verwaltung gewannen manche Pro-
vinzen nach und nach eine ganz andere Gestalt und wurden durch
die vielen Niederlassungen der Römer in denselben mehr oder
weniger romanisirt. Römische Kaufleute und Geldwechsler trie-
den hier vorzüglich ihre Geschäfte, kauften sich hier, wo sie vor
den Provinzialen große Vorrechte hatten, Landgüter an und er-
weiterten diese zu Ungeheuern Besitzungen (latifundia), die sie
durch Sklaven bearbeiten ließen. Neue Städte, Heerstraßen, Kanäle,
Tempel und Theater wurden errichtet; und mit den herrschenden
Römern breiteten sich auch immer weiter ihre Sprache, Sitten
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351
Derselbe Kaiser, welcher die Christen so großmüthig be-
schirmte, verlegte im Jahre 330 seine Residenz von dem heid-
nischen, stets bedrohten Rom weg nach Byzanz. Didse Stadt
schien gleichsam von der Natur selbst dazu bestimmt zu sein, die
Herrscherin der Völker zu werden. Sie lag in Thracien, an
der Grenzscheide von Europa, dort wo sich der thracische Bos-
porus zum Marmormeere erweitert. Die reizenden Ufer von
Asien und Europa grenzen hier so enge an einander, daß der
dazwischen rauschende Bosporus nur als ein großer Strom er-
scheint. Durch diesen steht sie, hier mit dem schwarzen, dort
mit dem Marmormeere und vermittelst dieses auch mit dem Ar-
chipelagus und dem Mittelmeere in Verbindung und führt also
den Schlüssel zu allen daran liegenden Ländern. So zum Mit-
telpunkte des regsten Verkehres gelegen, konnte sie die Schätze
der ganzen damals bekannten Erde in ihren geräumigen und
sichern Hafen zusammenströmen lassen. Diese durch ihre Lage
so begünstigte Stadt sollte nun ein neues Rom werden. Con-
stantin trug deshalb Sorge, die Prachtgebäude und öffentlichen
Plätze des alten Roms in dem neuen nachzubilden. Selbst das
Capitol und die sieben Hügel wurden nicht vergessen. Aber
statt der heidnischen Tempel erhoben sich hier christliche Kirchen,
auf deren Thürmen das Kreuz als glorreiches Siegeszeichen des
Christenthums über das Heidenthum prangte. Auf des Kaisers
Einladung wuchs schnell die Bevölkerung der Stadt, die man
nach seinem Namen Constantinopel, d. i. Constantinos Stadt,
nannte. Gegen dieses neue Rom, welches stolz und gebietend
über zwei Welttheile zugleich hinblickt, sank das alte immer tiefer
in Schatten zurück.
Eine Folge dieser Verlegung des Regierungssitzes war eine
gänzliche Veränderung der bisherigen Verfassungsform. Das
ganze Reich wurde in vier Präfecturen oder Oberstatthalter-
schaften, in dreizehn Diöcesen oder Bezirke, und in hundcrt-
siebenzehn Provinzen oder Kreise getheilt. Die erste oder
morgenländische Präfectur umfaßte in 5 Diöcesen und 48
Grunde und gebrauchte, um alle Zweideutigkeit zu heben, das Wort
ofxoovgiot; (consubstantialis) zur Bezeichnung des Verhältnisses des Soh-
nes zum Vater.
-j
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Extrahierte Personennamen: Constantinos_Stadt
Extrahierte Ortsnamen: Byzanz Europa Asien Europa Roms Constantinopel Oberstatthalter-
353
anwesenden Praefectus praetorio und den eigentlichen Staats-
rächen (comites consistoriani) den Staatsrach (consistorium)
des Kaisers, welchen er namentlich bei der Gesetzgebung zu
Rache zog. Daneben bestanden noch mehre Einrichtungen der
alten Zeit fort; aber fast nur als leere Würden, ohne fernem
Einfluß: so der Senat in Rom und seit Constantin auch in
Constantinopel, dessen Geschäftskreis sich bloß auf das beschränkte,
was der Kaiser ihm etwa vorlegte; die aus seiner Mitte er-
nannten Consuln gaben dem Jahre ihren Namen. .Auch das
Patrieiat bestand noch fort, aber ohne Amtsgewalt und Erblich-
keit, bloß als eine hohe Würde, die der Kaiser besonder» Günst-
lingen verlieh und sie dadurch hoffähig machte. Eine sehr strenge
gegliederte Rang- und Titelordnung bestimmte das äußere Ver-
hältniß der Beamten zu einander und die Grade der Ehrerbie-
tung, welche man Jedem zu erweisen hatte. Die höchsten Civil-
und Militär-Beamten führten den Titel „Erlauchte" (illu-
stres); nach ihnen folgten die „Hoch an sehnlichen" (spec-
tabiles) , dann die „V i e l b e r Ü h m t e n" (clarissimi), hierauf
die „Vielbewährten" (perfectissimi), zuletzt die „Erlese-
nen" (egregii). So führte eine orientalische Hofordnung mit
der strengsten Etiquette stufenmäßig bis zu der erhabenen Höhe
des göttlich verehrten Herrschers hinan.
Die Unterhaltung des glanzvollen Hofstaates nebst dem
Beamtenheere, welches die Büreaukratie in der furchtbarsten
Weise handhabte, und der Armee, die jetzt zum Theil aus be-
soldeten Barbaren bestand, verschlang unermeßliche Summen und
machte eine für das Volk sehr drückende Vermehrung der Ab-^
gaben nöthig. Es wurden erhoben: 1) eine jährliche, vom
Kaiser durch ein Ediet (iudictio genannt) ausgeschriebene Grund-
und Kopfsteuer, welche theils in Geld, theils in Naturprodueten
geliefert wurde. Zum Behuf dieser Steuer wurde alle 15 Jahre
das Grundeigenthum von neuem abgeschätzt und danach ein
neuer Kataster angefertigt. 2) Eine Gewerb- und Handels-
steuer, welche alle 5 Jahre erhoben wurde. 3) Der Ertrag der
Hafen- und Landzölle, der Salz- und Bergwerke, der Mün
zen und der kaiserlichen Fabriken. 4) Die bei feierlichen
Gelegenheiten als Ehrengeschenke von den Städten des Rei-
ches dem Kaiser dargebrachten goldenen Kronen, die nun in
Weiter, Geschichte der Römer. 00
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